Kann man Spritzen, Katheter und Co. recyclen?
T?glich sind wir von spannenden Wissenschaftsthemen umgeben. Mit dem Format ?Wissenssnack“ m?chten wir aktuelle wissenschaftliche Themen n?her beleuchten und mit unseren Expert*innen an der 365体育投注_365网球投注 Osnabrück zusammen beantworten.
In Krankenh?user und Praxen entsteht viel Müll durch Spritzen, Katheter o.?., aber auch durch Verpackungsmaterialien, die für eine einwandfreie Hygiene notwendig sind. Wegen der Kontaminationsgefahr werden diese Abf?lle derzeit in den meisten Kliniken und Praxen nicht recycelt, sondern verbrannt.
Dabei sind laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) rund 85 Prozent der Krankenhausabf?lle prinzipiell recycelbar - sie sind nicht infekti?s, ihre Wiederverwertung ist unproblematisch. Gerade bei Medizinprodukten aus Kunststoff k?nnten so viele Ressourcen eingespart werden.
Nele Zerhusen promoviert an der 365体育投注_365网球投注 im Bereich Kunststofftechnik und forscht genau an diesem Zukunfsthema. ?ber ihre Forschung spricht sie mit uns im folgenden Interview.
Warum wird so viel Kunststoff in der Medizin verwendet?
Früher wurde Glas verwendet. Neben Glasbruch birgt die Wiederverwendung von Glasger?ten ein hohes Infektionsrisiko. Durch die Verwendung von Einwegartikeln aus Kunststoff seit den 50er Jahren konnte das Infektionsrisiko deutlich reduziert werden. Mit modernen Sterilisationsmethoden kann heute sichergestellt werden, dass Kunststoffe supersteril, also frei von vermehrungsf?higen Mikroorganismen sind. Darüber hinaus lassen sich die Eigenschaften von Kunststoffen sehr gut einstellen und an spezielle Anforderungen anpassen: Sie k?nnen stabil und unzerbrechlich, aber auch weich und flexibel sein.
Kann dieser Kunststoff wiederverwendet werden?
Theoretisch ja. Aber in der Medizintechnik gibt es bisher kein Recycling, zum einen aufgrund der Kontamination durch den Kontakt mit Patient*innen und Medikamenten. Zum anderen w?re es für die Krankenh?user mit gro?em Aufwand verbunden. Die Krankenh?user müssten anfangen, die Abf?lle zu trennen: Welche Abf?lle hatten Kontakt zu Patient*innen, welche nicht? Welche hatten nur Kontakt zu weniger gef?hrlichen Medikamenten? Und bisher gibt es einfach viel zu wenig Daten. Wir wissen also nicht genau, was mit den Kunststoffen passiert. Ohne diese Daten kann kein geschlossener Rohstoffkreislauf aufgebaut werden - erst recht nicht, wenn die Produkte sp?ter wieder in der Medizintechnik eingesetzt werden sollen.
Welche besonderen Anforderungen gibt es für Kunststoffe, die in der Medizin eingesetzt werden?
Kunststoffe in der Medizintechnik sind streng reguliert. Es dürfen nur ganz bestimmte Substanzen rein, mit denen wir viel Erfahrung haben, damit man gew?hrleisten kann, dass es keine Gefahr für die Patient*innen darstellt. Die Kunststoffe müssen auch sterilisiert werden - das ist noch einmal ?sauberer“ als zu desinfizieren. Das wird mit speziellen Gasen, über das Autoklavieren, also mit Temperatur und Druck, oder mit ionisierender Strahlung erreicht. Das ist natürlich eine Herausforderung für den Kunststoff.
Wie sieht die aktuelle Forschung der 365体育投注_365网球投注 zu diesem Thema aus?
Konkret besch?ftige ich mich damit, Daten zu generieren, die für die Medizintechnik wichtig w?ren, um einen geschlossenen Recyclingkreislauf zu erm?glichen. Dazu simulieren wir, was ein Kunststoffprodukt in diesem Fall erleben würde. Das machen wir auf der Basis des Standardkunststoffs Polypropylen. Daraus werden zum Beispiel Spritzen hergestellt. Es werden j?hrlich ca. 15 Milliarden Einmalspritzen hergestellt, das entspricht circa zwei Spritzen pro Person auf der Welt. Wenn man bedenkt, wie viele Menschen es auf der Erde gibt, sind das eine ganze Menge Spritzen und Verpackungsmaterial. Wir simulieren den Recyclingzyklus, also die mehrfache Verarbeitung und dann zus?tzlich die Bestrahlung mit ionisierender Strahlung, um dann im Anschluss das Material zu analysieren. Wie ver?ndert sich die Zusammensetzung des Materials? Sind die Zusatzstoffe noch vorhanden? ?ndern sich die Eigenschaften des Kunststoffs selbst? Das simulieren wir und hoffen, dass man dann, wenn man Daten und Erfahrungswerte hat, vielleicht irgendwann in der Zukunft die Kunststoffe aus den Krankenh?usern recyceln kann.
Nele Zerhusen im Interview gibt es in diesem Video.
Von: Justine Prüne